Theorie
Die vielfältigen positiven und heilsamen Wirkungen eines harmonischen Mensch-Tier Kontaktes sind in der wissenschaftlichen Literatur wiederholt beschrieben worden. Der Hund, der seit ca. 15 000 Jahren an der Seite von Menschen lebt, hat aufgrund seiner besonderen sozialen Fähigkeiten einen speziellen Stellenwert in der sich immer mehr entwickelnden tiergestützten Pädagogik und Therapie. Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass die Anwesenheit von Hunden und der Kontakt zu ihnen positive physiologische, emotionale und soziale Wirkungen erzielen. Vor allem in der pädagogischen Arbeit mit Kindern mit emotionalem und sozialem Förderbedarf kann der Einsatz von Hunden dabei unterstützen Selbstwertgefühl, Lern- und Schulmotivation sowie Freude und Entspannung im schulischen Alltag zu steigern und positive Bindungserfahrungen zu ermöglichen.
Hundgestützte Pädagogik an unserer Schule
Entstehung und Wirkungen
Die Hundgestützte pädagogische Arbeit an unserer Schule begann im März 2007. Seitdem wird diese trotz personeller Veränderungen kontinuierlich an unserer Schule angeboten, dies zu sichern hat für uns aufgrund der sehr positiven Erfahrungen und Effekte einen hohen Stellenwert. Eine filmische Dokumentation des Einsatzes unserer ersten Schulhündin gibt es vom Kinderkanals des WDR (Kika), einen Link zum Film findet man auf unserer Homepage.
Über den unterrichtlichen Rahmen hinaus wird im Rahmen der Nachmittagsgruppe Fördernder Offener Ganztag (FOGS) an drei Tagen pro Woche ein Hundgestütztes Angebot gemacht.
Wir kooperieren in unserer Hundgestützten Arbeit mit dem Lehrstuhl für Erziehungshilfe und sozial-emotionale Entwicklungsförderung des Departments Heilpädagogik und Rehabilitation der Universität zu Köln, z.B. in Form von Hospitationen und Teilnahme an wissenschaftlichen Arbeiten zur tiergestützten Pädagogik.
Die positiven Effekte durch den Kontakt zwischen Kindern und Hund sind deutlich: mehr Freude und Freundlichkeit; Abnahme von Aggressionspotential, Zunahme von Ruhephasen, Entwicklung von Empathiefähigkeit, Lernen von Regelakzeptanz und Steigerung des Selbstwertgefühls durch Erfolgserlebnisse mit dem Hund. Besonders hervorzuheben ist die allgemeine Verbesserung des Klassen- und Schulklimas. Die Schülerinnen und Schüler identifizieren sich deutlich stärker mit der Schule bzw. ihrer Klasse, berichten zu Hause von ihren Erlebnissen mit dem Hund und haben bereits auf dem Weg vom Schulbus zur Schule einen freudigen Start, wenn sie die Hunde auf der Wiese beobachten und begrüßen können. Noch intensiver ist dies bei den Schülerinnen und Schülern der Klassen, in denen die Hunde sind und die morgens freudig begrüßt werden. Nachgewiesen ist, dass die intensive Begrüßung des Hundes zur Ausschüttung des Bindungshormons Oxytocin führt (vgl. Schillack, A., 2018). Die Hunde werden als verlässliche Bindungspartner erlebt, ihre Zuwendung ist stabil, d.h. sie unterliegt eher geringen Stimmungsschwankungen und ist z.B. unabhängig vom Erfüllen von Leistungserwartungen, so dass diese Bindungserfahrung und Wertschätzung für viele Schülerinnen und Schüler eine explizite Förderung in unserem Förderschwerpunkt darstellt.
Schülerinnen und Schülern, die sich schwertun, im Vertretungsfall die Klasse zu wechseln, schaffen dies oftmals, wenn sie in eine Hundeklasse gehen können und manche wählen einen der Hunde als Kraftfigur, an die sie in schwierigen Situationen denken.
Aktuelles Programm
Alle Schülerinnen und Schüler, die regelmäßig Kontakt zu den Hunden haben, werden immer wieder darin trainiert, auf die Hunde angemessen und freundlich zuzugehen und ihre Körpersprache richtig zu deuten. Die „Wohlfühlregeln“ für unsere Schulhunde sind mittlerweile jedem Kind der Schule bekannt. Neu aufgenommene Kinder, die Angst vor Hunden haben, bringen wir zum Start in einen angstabbauenden Kontakt mit den Schulhunden.
Die Hunde bieten aufgrund ihrer unterschiedlichen Wesensarten und Temperamente unterschiedliche Lernfelder und individuelle Fördermöglichkeiten. Die soziale Interaktion der Hunde kann beobachtet und die Beobachtungen können im Unterricht genutzt werden. Unser Konzept versucht möglichst viele Kinder vom Einsatz der Hunde profitieren zu lassen. Zurzeit arbeiten wir in folgenden Wirkungsbereichen mit Hundgestützter Pädagogik:
- Die Arbeit der Hunde als Klassenhunde in den beiden Lerngruppen der Hundebesitzer: Hier unterstützen die Schulhunde die Lehrerinnen und Lehrer in ihrer Erziehungs- und Bildungsarbeit, ihre Anwesenheit führt nachweislich zu mehr Ruhe, Toleranz und Bereitschaft, sich an die Regeln eines friedlichen und freundlichen Umgangs miteinander zu halten. Die Schülerinnen und Schüler übernehmen Verantwortung und Dienste für die Pflege der Hunde.
- Die Hunde-AG während unserer jährlichen Projektwoche zum Sozialen Lernen: Hier lernen Schülerinnen und Schüler aus allen weiteren Lerngruppen die Schulhunde, den sorgfältigen Umgang mit ihnen, die Wohlfühlregeln, Spiel und Spaß mit den Hunden etc. kennen und können danach evtl. „Experten“ für die Hunde-Wohlfühlregeln in ihren Lerngruppen sein.
- Die wöchentliche Hunde-Stunde: Es werden Hunde-Stunde-Gruppen angeboten, deren Ziele in der Förderung von Schulmotivation, Spaß, Bewegung, Motorik, Konzentration, Handlungsplanung oder Ruhe und Entspannung liegen. Alle Lehrerinnen und Lehrer haben die Möglichkeit die Hundgestützte Pädagogik im Rahmen von Förderplanung zu nutzen, indem sie gezielt Kinder aus ihrer Lerngruppe mit der Angabe von Förderzielen auswählen. Die Hunde-Stunde läuft über ein Schulhalbjahr, dann wechseln die Kinder.
- Die Hunde nehmen an den Schul- und Klassenfahrten teil. Spaziergänge mit Ihnen in kleinen Gruppen sind erlebnisorientiert und bieten auch Rückzugsmöglichkeiten im intensiven sozialen Rahmen der Gruppenfahrten. Die Hunde motivieren zum Durchhalten auf längeren Spaziergängen.
- Einsatz von Hunden im Rahmen der Nachmittagsbetreuung: Spiele mit den Hunden auf der Wiese und auf dem Schulhof, Spaziergänge am Rotter See.
- Um weiteren Förderbedarf abdecken zu können werden in Abhängigkeit von den personellen Ressourcen weitere gezielte Einsätze der Hunde geplant.
Bedingungen für den Einsatz von Hunden an unserer Schule
Grundsätzliche Voraussetzungen
Die schulischen Grundbedingungen für den Einsatz der Hunde sind mit den beteiligten Gremien geklärt. Der Einsatz der Schulhunde erfolgt mit der Zustimmung der Schulleitung, des Lehrerkollegiums und Schulkonferenz sowie des Schulträgers und der Schulaufsicht. Der Gemeindeunfallverband ist schriftlich befragt und informiert worden; zudem besteht ein Hygieneplan. Alle Eltern werden bereits in den Aufnahmegesprächen über die Schulhunde informiert und nach Ängsten oder Tierhaarallergie ihres Kindes befragt; Bedenken, Einschränkungen, Kontaktverbot oder Einverständnis werden dokumentiert und von den Eltern unterschrieben. Die Mensch-Hund-Teams müssen vertrauensvoll kooperieren.
Bedingungen des Hundes
- Grundgehorsam
- Grundsätzliche Freundlichkeit gegenüber fremden Erwachsenen jeden Aussehens und gegenüber fremden Kindern jeden Alters und jeden Aussehens, keine aggressive Ausstrahlung
- absolut verträglich mit Kindern
- zeigt sich desinteressiert an weglaufenden oder stolpernden Kindern
- Berührungsfreundlichkeit: lässt sich gerne am ganzen Körper anfassen
- Ausgeglichenheit: nicht leicht zu erschrecken bzw. erholt sich schnell
- kein Herdenschutztrieb
- "entschärfendes" Verhalten: zieht sich eher zurück, wenn etwas unangenehm ist
- unaufdringliches Begrüßungsverhalten: z.B. nicht Anspringen, wenn nicht erwünscht
- keinerlei Beißansätze
- sanftes Annehmen von Futter aus der Hand
- stillhalten können, wenn gewünscht
- manipulationsneutral: lässt sich von der Hundehalter(in) "alles" gefallen, z.B. Maulöffnen, Pfotenkontrolle
- wenig bellfreudig
- Alleinsein können
- nicht ängstlich und unsicher
- Gesundheit: regelmäßige Grundimmunisierungen, Entwurmung, keine äußeren Parasiten
- ausreichende Haftpflichtversicherung – Information der Haftpflicht über den Einsatzort des Hundes
(vgl. Empfehlungen von Schulhundweb, Agsten 2018)
Bedingungen der Lehrkraft
- Sicherheit im Beruf
- Hundesachkenntnis
- Fortbildung im Bereich Pädagogische Arbeit mit Tieren
Weitere Bedingungen
- Es müssen räumliche Rückzugsmöglichkeiten für den Hund bestehen – diese sind Tabuzone für Menschen.
- Der Einsatz des Hundes muss zeitlich begrenzt sein, auf Erschöpfung muss reagiert werden können.
- Nur Bezugspersonen des Hundes setzen diesen ein.
- Es gibt möglichst nur einen Raum als kontinuierlichen Einsatzort für den Hund – anstrengende Raumwechsel werden minimiert.
Hygieneplan
Die Hunde werden alle drei Monate prophylaktisch gegen Endoparasiten behandelt („entwurmt“) und es erfolgt regelmäßig eine Prophylaxe gegen Ektoparasiten. Beide Prophylaxen werden von den Tierhaltern dokumentiert.
Halbjährlich erfolgt eine tierärztliche Untersuchung, die Gesundheit der Hunde wird dabei schriftlich bestätigt.
Kinder, die Kontakt mit den Schulhunden hatten, werden dazu angehalten, sich die Hände zu waschen.
Material zur Entfernung von Ausscheidungen ist vorhanden und eine Handdesinfektion steht bereit.
Die Schulhunde betreten nicht die Lehrküche.
Quellenangaben: